Philosophischer Rabatz

Robert Habeck: Wer wir sein könnten

Robert Habeck: Wer wir sein könnten

„Politik ist nicht die Technik der Macht, sondern die Demut vor der Macht. Und dabei hilft eine bedachte, aber mutige, eine sorgsame, aber freie Sprache.“ – Robert Habeck

Kurzübersicht

*Worum geht es?*Sprache beeinflusst unsere Wahrnehmung der Welt. Politik gestaltet diese Welt, deswegen ist Sprache so wichtig.

Das sagt Sebastian:

Robert Habeck war Philosoph und Schriftsteller. Dann wollte er sich wegen eines Fahrradweges beschweren und ist dafür zu einer Sitzung des nächsten Ortsvereins der Grünen gefahren. Auf diesem Treffen unterschrieb er seinen Mitgliedsantrag und wurde unmittelbar zum Vorstand gewählt. So erzählt er es im ZEIT-Podcast „Alles gesagt?“.
Inzwischen ist er Bundesvorsitzender der Partei und wird von vielen Medien als „nächster Bundeskanzler?“ portraitiert. Ein Philosoph als leitender Politiker? Die Idee hatte doch schonmal jemand (Platon) ;)
2018 hat Habeck dann aber doch nochmal ein Buch geschrieben: „Wer wir sein könnten“. Darin beschreibt er den Stellenwert von Sprache für unser Denken. Denken setzt Sprache voraus, die Wahl von Begriffen verändert unseren Blickwinkel auf die Welt und letztlich auch die Welt selbst. Deswegen prangert Habeck die Verrohung der Sprache in der Politik an.

Wer den schmalen Band liest, entdeckt im Hintergrund Einiges an Sprachphilosophie, das machen allein die ersten beiden Kapitelüberschriften „Sprache schafft Wirklichkeit“ und „Sprache ist Handlung“ deutlich. Allerdings wünschte ich mir an einigen Stellen, die Kapitel wären etwas länger. Dann hätte Habeck darin auch einige Argumente ausführen können. So beschreibt er oft lediglich Situationen und nennt, welche Probleme sich daraus ergeben. Leser*innen ohne philosophischen Hintergrund kommen da möglicherweise nicht ganz mit.
Das ist schade, denn so entfaltet der schließende Appell nicht seine volle Überzeugungskraft. Habeck schreibt dort, wir müssten verstehend reden. Damit meint er, tatsächlichen argumentativen Austausch, das Gegenüber und die Gegenargumente ernst nehmen. In Bezug auf Talkshows fordert er „miteinander zu reden, öffentlich miteinander nachzudenken statt nur auswendig gelernte Sätze unterzubringen, damit sie anschließend getwittert und am nächsten tag idealerweise in der Zeitung stehen.“ (S. 127)

Im Übrigen: Habeck ist seit Anfang des Jahres nicht mehr auf Twitter. Auslöser für seine Entscheidung, seinen Account zu löschen, war, dass er im Wahlkampf-Endspurt in Thürigen einige unreflektierte Aussagen getätigt hat. In einem Wahlaufruf-Video Habecks entstand der Eindruck, er hielte die Bevölkerung dort für undemokratisch und wenig weltoffen – wegen eines falsches Wortes. Er schrieb auf seinem Blog, dass Twitter auf ihn abfärbe. Dass er dort zuspitze, aggressiver und polemischer schreibe – und darüber das Nachdenken auf der Strecke bliebe. Um diesen Fehler nicht erneut zu begehen (und auch, weil persönliche Daten über Habeck und seine Familie auf Twitter und Facebook geleakt wurden), löschte Habeck seine Accounts bei Twitter und Facebook.
Vor diesem Hintergrund werden die Inhalte von „Wer wir sein könnten“, das zu diesem Zeitpunkt bereits veröffentlich war, noch glaubwürdiger.